Während meines Aufenthaltes in Bregenz stieß ich auf ein Ausstellungsplakat mit dem Titel "The Secret Hotel", einer Präsentation des kanadischen Künstlerpaares Janet Cardiff und George B. Miller. Hotel? Was für ein Hotel? Wie viele Zimmer, womöglich mit Geheimgängen? Keine Frage, diese Ausstellung musste ich mir ansehen!

Ausstellung (26.11.2005) - (15.01.2006)

Es gibt bekanntlich verschiedene Arten von Abenteurertum. Man kann auf den Mond fliegen, man kann Pinguine am Südpol besuchen, man kann auf Löwenjagd nach Afrika reisen. Oder man besucht eine moderne Ausstellung, von der man außer dem Titel nichts weiß.

Nun, nachdem ich die Karte gelöst hatte und in dem großen Raum im Erdgeschoß außer einem von selbst spielenden Klavier nichts vorfand, fühlte ich mich ähnlich einsam wie am Mond oder am Südpol. Doch die nächsten Überraschungen sollten mich ausreichend entschädigen.

Da ein Großteil meines persönlichen Erlebnisses sich auf diese Überraschungen stützten, möchte ich diesmal nicht so ausführlich schreiben, um nicht den eventuellen Besucher die Vorfreude zu nehmen.

Also, ich war beim Klavier. Dieses spielte von selbst, und war vorerst weniger interessant. Deshalb ging ich in den ersten Stock der Ausstellung, die Betonung liegt auf gehen, der Aufzug war leider außer Betrieb. Die Treppe war etwas steil und reizlos.

Das erste Obergeschoss bestand wieder aus genau einem Raum, in dem sich ein großer Holzverschlag mit sehr sonderbarer Form und vier Türen befand. Eine Dame von der Aufsicht bat mich ein wenig zu warten. In dem Raum aus Holz würde nämlich ein Film gezeigt werden, während dessen man den Raum nicht betreten sollte.

Also wartete ich und harrte der Dinge, die da noch kommen mögen. Drinnen wurde ich dann mit einer tollen Illusion belohnt. Obwohl ich mich noch genau erinnern konnte, wie klein diese Holzbude eigentlich war, saß ich innen wie in einem großen Kinosaal aus längst vergangenen Zeiten. Und damit kann ich auflösen wofür Janet Cardiff und George B. Miller stehen: Sie haben Freude daran mit ihren Installationen die Wahrnehmungen des Betrachters zu täuschen, ihn mit ihren Audio- und Videoarbeiten in eine Illusion zu entführen.

Nun, was für ein Film wurde in diesem 'Kino' denn gespielt? Das cineastische Ereignisse bestand in einem reichlich schrägen Film, dessen Tonspur ich mir über Kopfhörer anhörte. Der Ton hatte es aber in sich, ich musste öfters scharf nachdenken, was ist nun Illusion und was ist Realität. Was gehört zum Film und was nicht? An sich ist ein Film schon Illusion aber hier war sogar das Kino Illusion. Und zum Schluss nahm ich den Kopfhörer ab, so heftig war das Gehörte. Aber keine Angst, man braucht hinterher keinen Rettungssanitäter. Mehr möchte ich aber nicht verraten.

Aber wo war nun das 'Secret Hotel'? Dieses fand ich dann im zweiten Obergeschoß. Dazu musste ich abermals eine steile Treppe hochgehen und fand mich plötzlich in einem Treppenhaus wieder, wie man es von alten plüschigen Hotels kennt, die speziell in Amerika zu finden sind. Dieses Treppenhaus gehörte aber nicht mehr zur eigentlichen Ausstattung des Kunstgebäudes, nein, ich war bereits mitten in der Installation des Künstlerehepaares!

Die Stufen führten mich zu einer Tür unter deren unteren Fuge grelles Licht hervorlugte. Irgendwie erinnerte mich das schon an den Film 'Poltergeist', wo solche Lichter hinter Türen selten was gutes bedeuten. Ich öffnete die Tür und .....

.... stand ich plötzlich auf einer aus Holz gezimmerten Galerie und blickte auf die Deckenplatten des zweiten Obergeschosses. Aber nicht von unten, sondern von oben!

Die Treppen hatten mich nämlich von mir unbemerkt in die Zwischendecke zwischen der eigentlichen Betondecke und den abgehängten Deckenplatten entführt. So stand ich nun inmitten der Elektroinstallation und den zahlreichen Lampen.

Während ich mich also entlang dieser Holzgalerie bewegte fiel an einer umgrenzten Stelle mein Blick in die Tiefe. Und was sah ich da? Ein Hotelzimmer von oben! Keine Angst, es folgt nun kein Hotelbericht. Aber das Zimmer hatte etwas Besonderes an sich! Mehr verrate ich nicht, aber wenn ihr es selbst seht, denkt mal darüber nach, wie groß das Zimmer sein könnte. Ein kleiner Hinweis: Das Buch auf dem Nachttisch ist ein Taschenbuch....

Vom Hotelzimmer ging es nun weiter, ich bewegte mich wieder diese Hoteltreppen runter und dann wieder über die steile Treppe rauf ins 3. Obergeschoss.

Dort erwartete mich ein ganz dunkler Raum, in dessen Mitte eine Art Holzhütte stand. Durch ein großes Fenster nahm ich einen Schatten wahr ...aha ... ich war wohl nicht alleine. Ich ging auf die Hütte zu und blickte in einen Wohnraum voller Plattenspieler, Radios, Leuchten und einer Unmenge von Schallplatten. Der Schatten war weg, ich war doch alleine!

Alleine mit einer seltsam anmutenden Hütte, wie es sie wohl irgendwo in Amerika gibt, allein mit einer Reihe von Plattenspieler die ständig Opernarien und amerikanische Schlager aus vergangenen Zeiten spielten, einer Stimme die mitzusingen schien (nee, ich war das nicht)....

.... Und dann brauste auch noch aus dem Dunkel des Raumes ein Zug ganz fies lärmend über mich drüber....auch hier wird nicht mehr verraten. Aber guckt euch diese Installation sehr genau an. Zum Beispiel was passiert mit dem Kronleuchter, wenn der Zug vorüber fährt? Und woher kam der rätselhafte Schatten, den ich zuerst sah?

Diese Installation sollte man übrigens in Ruhe anhören und angucken. Sie endete mit einem Klatschen wie in der Oper. Wenn ihr also 2x das Klatschen gehört habt, dann habt ihr sie zur Gänze erlebt.

So, ich habe jetzt absichtlich meine persönlichen Eindrücke geschildert und nicht erzählt, was die Künstler damit zeigen wollten. Aber Kunst interpretiert sowieso jeder anders. Und wer sich das jetzt persönlich ansehen und anhören möchte, findet hier noch ein paar Infos zum Kunsthaus selbst:

Lage

Das Gebäude befand sich in Bregenz am Karl-Tizian-Platz. Ich erreichte es vom Bahnhof kommend, indem ich einfach die Seepromenade entlang ging und dann beim großen gelben Postamt aus der K.u.k Zeit die Straßenseite wechselte und um den seltsamen Kubus (Das Kunsthaus) herum ging.

Eintritt

Der Eintritt hätte 6,00 Euro betragen. Als Besitzer der Ö1 Klubkarte durfte ich bereits um 5,40 Euro hinein. Die Wartezeit an der Kasse lag bei 0, gewöhnlich sind diese modernen Ausstellungen eher schwach besucht.

Fotografieren

Diesmal frage ich erst gar nicht ob das Fotografieren erlaubt wäre, moderne Kunst (oder deren Urheber) liebt meistens das Fotografieren nicht.

Gastronomie

Das Museumscafe befand sich gemeinsam mit dem Museumsshop in einem eigenen kleinen Gebäude vor dem Kunsthaus und bot eine trendige Atmosphäre.

Toiletten/Barrierefreiheit

Die Toiletten befanden sich im Tiefgeschoss und waren recht modern gestaltet. Es gab eine eigene Behindertentoilette, in der sich auch ein Wickeltisch befand.

Zwar war im Ausstellungsgebäude ein Lift vorhanden, jedoch ist die Installation 'The Secret Hotel' von der Idee her nur über Treppen erreichbar. Laut einer freundlichen Dame vom Personal gäbe es zwar eine Möglichkeit auch die Zwischendecke mit Rollstuhl zu erreichen, aber ganz habe ich das nicht verstanden.

Museumsshop/Ausstellungskatalog

Der Museumsshop befand sich direkt vor dem Kunstgebäude und offerierte die üblichen teuren Bücher und Accecoires. Im Ausstellungspreis war aber ein kleiner Folder enthalten, der die einzelnen Installationen hinreichend erklärte.

Audio Guide/Führungen

Ein Audio Guide wurde nicht angeboten, was bei dieser Art von Installationen auch keinen Sinn machen würde. Laut Ausstellungsbeschreibung gäbe es aber eine Palette von Spezialführungen, auch für Kinder.

Resümee

Als ich das Ausstellungsgebäude nur aus Neugierde wegen dem Ausstellungstitel betrat, bekam ich es zunächst mit der Angst zu tun, Zeit und Geld völlig umsonst eingesetzt zu haben. Aber nach dem Besuch betrachte ich das Erlebte wegen der perfekt ausgeklügelten Illusionen durchaus als bemerkenswertes Erlebnis fernab von der sonst üblichen Gestaltlosigkeit in der modernen Kunst.

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