Als Freund der alten Römer freute ich mich schon das ganze Jahr auf die große Doppelausstellung in Karlsruhe und Stuttgart, die im Herbst des Jahres 2005 beginnen sollte.
Diese hatten die Zeit des 3. bis 5. Jahrhunderts im Raum des heutigen Baden Württembergs zum Thema, also jener Zeit, wo die Römer den dort verlegten Limes aufgeben mussten und unter dem ständigen Druck der nachrückenden Alamannen zurückweichen mussten.
Aber ich wich nicht zurück, ganz im Gegenteil, an einem kühlen Novembertag rückte ich vor und machte mich zum Besuch der Ausstellung bereit. Die Ausstellung, die in acht Themengruppen handlich aufgeteilt war, begann im ersten Obergeschoss des Karlsruher Schlosses.
Dort begab ich mich auf eine Reise durch mehrere Ausstellungsräume, die mich durch ihren Dielenboden und den schwarzen Wänden in ein vages Dunkel hüllten, dem Dunkel vergangener historischer Zeiten.
Den Wänden vorgespannt waren zahlreiche Banner, auf denen interessante Skizzen und Texte aufgeprägt waren. Die Texte waren dabei in Deutsch und Französisch gehalten. Die rund 500 Schaustücke selbst waren durchwegs hinter Glas sicher verwahrt. Das lag wohl auch an dem großen Wert so mancher Stücke.
Gleich am Anfang fiel mein Blick auf eine riesige Karte des römischen Weltreiches, wo neben den Provinzen vor allem die genaue Lage des Limes verzeichnet war. Das dieser Limes noch nicht die Friedlichkeit eines EU Grenzüberganges hatte, zeigte mir gleich das erste Highlight links vom Eingang. Das Siegesdenkmal von Augsburg!
Doch gegen wen wurde gesiegt? Gegen alemannische Volksstämme. Wer, was und wie diese waren war nun das Thema der nächsten Ausstellungsmeter, die ich zurücklegte. Hier wurde unter anderem an Hand eines Modells erklärt, wie die Alamannen in ehemaligen Thermen Getreide lagerten oder wie deren Grabbeigaben aussahen.
Auch eine Reihe von Hortfunden wurde ausgestellt. Dabei handelte es sich um eilige vergrabene Besitztümer der Römer, die zwar fluchtartig ihre Güter verlassen hatten, aber immer noch hofften, einmal dorthin wieder zurück zu kehren. Oder auch um Beutestücke, die die rückmarschierenden Alamannen zum Beispiel im Rhein verloren.
Dieser Vergrabungspolitik ist es heute zu verdanken, dass man immer wieder während des Pflügens oder des Ausschachtens einer Tiefgarage auf eine Menge antikes Material stoßen kann.
Manchmal sind es nur die Werkzeuge eines Schmieds, manchmal sind es aber auch die Schätze von reichen Römern oder zumindest von vermögenden Offizieren der Armee. So grub man in den 60iger Jahren bei Kaiseraugst (Nähe Basel) eine Sammlung von Silbergeschirr aus, das seinerzeit vermutlich von ein paar höheren Dienstgraden der dortigen Garnison unter der Erde versteckt wurde.
Obwohl ich schon größere Schätze gesehen habe, konnte auch ich mich nicht ganz der Besonderheit dieses Fundes entziehen. Gar zahlreich war hier das Tafelsilber gehäuft und so manche eigenwillige Besteckform ließ mich später im Katalog blättern, um ihren Zweck zu ergründen. Dieser Schatz wurde übrigens das erste Mal außerhalb der Schweiz gezeigt. Für Numismatiker sicher eine Bereicherung war auch die Münzsammlung im selben Raum.
Aber die Ausstellung war noch nicht zu Ende. Plötzlich befand ich mich inmitten einiger rekonstruierter Gräber. Zwar war die Situation nicht gar so gruselig wie eine Vollmondnacht auf einem irischen Klosterfriedhof, aber doch war es für mich interessant dies Rekonstruktionen von oberirdischen Dachziegelgräbern aus nächster Nähe zu betrachten.
Doch nun zurück zu den Lebenden und ihrem Treiben! Die Ausstellung stand ja unter einem besondern Motto, sie wollte neueste Erkenntnisse über die letzten Jahrhunderte der Römer am Oberrhein der Öffentlichkeit vorstellen. So geht man nun nicht mehr davon aus, dass die Germanen einfach die Grenze einrannten, sondern dass es eine relativ lange Zeit des gemeinsamen Wohnens in diesen Breiten gab. Erst allmählich zogen sich die Römer dann mehr und mehr zurück, bis sie irgendwann als Staatsmacht nicht mehr präsent waren.
Wie dieses Leben sich in Bezug auf Wirtschaft, Handel, Landwirtschaft und auch Militärpolitik auswirkte lernte ich nun an Hand der nächsten Vitrinen kennen. Weibliche Besucher werden vielleicht die Exponate aus römischen Glas und Terra Silikata, sowie den antiken Schmuck schätzen. Mir persönlich gefielen hier die prachtvollen Zwiebelfibeln besonders gut, mit denen man die Gewänder in ihrer richtigen Position hielt.
Die männlichen Besucher werden vielleicht mehr Freude an den ausgestellten Modellen von Schiffen der römischen Kriegsmarine (Rheinflotte) oder von der römischen Festung Altrip am Rhein haben. Oder auch das Werkzeug und die landwirtschaftlichen Geräte wie große und kleine Sensen bewundern. Und die Kinder haben sicher ihren Spaß daran, einmal die volle Ladung römischen Marschgepäcks mit Hilfe eines Tragestocks zu schultern.
Na, ich schulterte natürlich gar nix, schließlich war ich ja während meines Urlaubes da. Deshalb ging ich rüber in den nächsten Teil der Ausstellung, der über die Stadt Trier erzählte. Trier war während der Römerzeit eine besonders prächtig ausgestattete Siedlung, schließlich war sie ja für ein gewisse Zeit die Hauptstadt des gallischen Sonderreiches bzw. überhaupt Residenzstadt von so manchem römischen Kaiser.
Hier warteten weitere Höhepunkte auf ihre Entdeckung durch mich. In einem Raum konnte ich an Hand einer Diaprojektion Bilder vom kaiserlichen Trier sehen, natürlich nicht fotografiert, sondern wie es sich der Zeichner von heute vorstellt. Aber eines kann ich gleich jedem potentiellen Besucher verraten. Ihr werden erstaunt sein von der Größe der Gebäude und ihrer architektonischen Ausstattung. Und dann noch die Einrichtung! Das berühmte Bacchus Mosaik aus dem Landesmuseum Trier war original am Boden zu sehen, eine Deckenausmalung aus einer der dortigen Kaiserpaläste war als eine Art Faksimile an der Decke nachgestellt.
Besonders gut gefiel mir auch ein Modell von einer Palastfestung bei Trier und die Möglichkeit etwas über die Zubereitung der Weine von damals zu erfahren. Aber es gab natürlich nicht nur Wein, Weib und Gesang, nein, es gab auch die Religion. Das war nun das Thema des letzten Teiles der Ausstellung.
Hier erfuhr ich einiges über die verschiedenen Religionen in der Spätantike, wo ganz prominent natürlich das Christentum seine Kreise zog. Doch einige Ausstellungsstücke erinnerten mich daran, das schon damals die Christen nicht mit einheitlicher Stimme sangen und beteten, sondern in mehrere Glaubensbekenntnissen zerfielen. Hier fand ich eine Abbildung des 'Vater Unsers' aus der Wulfila Bibel (Die Bibel der Goten) besonders informativ. Im Audio Guide wurden hierzu die Passagen in der damaligen Sprache vorgelesen (oder wie man sich eben diese Sprache damals vorstellte).
Und schon war die Ausstellung wieder zu Ende und ich betrat einen Raum, der sich Taberna Apicus nannte. Was ich dann dort Leckeres verspeiste ist aber eine ganz andere Geschichte.... . Wer sich das alles mal selbst ansehen möchte, findet hier noch ein paar weiterführende Infos:
Die Ausstellung wurde im Karlsruher Schloss veranstaltet, dem Sitz des badischen Landesmuseums. Vom Hauptbahnhof erreichte ich es mit der Straßenbahnlinie 2. Ich hätte dazu aber auch die Linien S1, S4 oder S11 nehmen können. Von der Haltestelle Marktplatz ging ich noch ca. 5 Minuten auf das Schloss zu. Was ich ein wenig schade fand: Es gab in der Stadt und an den Haupteinzugsstrassen kaum Hinweisschilder auf die Ausstellung. Das habe ich bei anderen Ausstellungen schon deutlich besser gelöst gesehen.
Der Eintritt hätte als Vollpreis 8 Euro gekostet. Ich selbst zahlte jedoch keine müde Sesterze, da ich mich im Besitze eines Oberrheinischen Museumspasses befand. Die kostenlose Eintrittskarte bewahrte ich trotzdem sorgfältig auf, den diese würde mir bei der Parallelausstellung in Stuttgart eine Ermäßigung einbringen.
Die Garderobe war bewacht und übernahm meine Jacke kostenfrei.
Das Fotografieren war leider nicht erlaubt, auch der Gebrauch von Mobiltelefonen wurde verbeten.
Am Ende der Ausstellung gelangte ich in die von Alessandro Muccardo betreute Taberna Apicius, eine Nachbildung einer römischen Taverne. Hier konnte ich nach römischen Rezepten angefertigte Speisen testen, wie zum Beispiel Lamm. Ich kann vermelden, es schmeckte köstlich, und einem Apicius wahrlich würdig (Apicius war ein in der Antike sehr bekannter Gourmet).
Die Toiletten befanden sich zwischen zwei Ausstellungsteilen und waren eher klein gehalten. Zum Ausruhen lagen an manchen Stellen Sitzkissen bereit, die mit Kaisernamen bestickt waren. Wer also schon immer auf einem Kaiser ausruhen wollte, in Karlsruhe war es möglich. Außerdem konnte jeder leichte Klapphocker mitnehmen und bei Bedarf vor den zu betrachtenden Exponaten aufstellen.
Im Museumsshop gab es neben dem Ausstellungskatalog um 24,90 Euro auch eine DVD um 19,90 Euro. Beides habe ich mir gekauft und bisher hat mich der Kauf nicht gereut. Dazu gab es noch einige Museumsführer für die nähere Umgebung und Bücher zum Thema Rom. Auch der von mir erwähnte Oberrheinische Museumspass war hier erhältlich.
Der Audio Guide kostete zwei Euro und konnte über eine bemerkenswerte Eigenschaft aufweisen. Es gab nicht nur eine geführte Tour, sondern gleich zwei. Eine für Kinder und eine für Erwachsene. Ich hörte mir beide an und kann beide sehr empfehlen. Als Pfand musste ich übrigens bei der Ausgabe des Audio Guide einen Lichtbildausweis hinterlassen.
Führungen wurde auch im großen Ausmaß angeboten. Hier war es für mich interessant zu bemerken, das jeder Führer so seine eigenen Storys zu erzählen wusste. Was mich fast ein wenig störte, die große Anzahl von Führungen hinderte mich ein wenig daran mich auf die Texte zu konzentrieren.
Mir hat die Ausstellung vor allem vom Design her sehr gut gefallen. Die Ausstellungsleitung ließ die einzelnen Schaustücke in ein mystischen Dunkel fallen, in denen sie besonders gut zur Geltung kamen. Auch die für mich neue Aussage über den allmählichen Rückzug der Römer aus der Gegend von Baden Württemberg und die Möglichkeit etwas mehr über Trier zu erfahren machte die Ausstellung für mich zu einer interessanten Erfahrung.
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